Kantonsrats-News: Darum ging es heute...
von Marc Raguth
Votum von Daniel Sommer zu «Genehmigung Verlängerung der Pisten 28 und 32» des Flughafens Zürich
Inhalt des Geschäfts
Die am 19. Mai 2021 vom Regierungsrat beschlossene Weisung an die Staatsvertretung im Verwaltungsrat der Flughafen Zürich AG, im Verwaltungsrat der Einreichung eines Plangenehmigungsgesuchs betreffend Verlängerung der Pisten 28 und 32 gestützt auf den Projektbeschrieb vom 17. Februar 2020 zuzustimmen, wird genehmigt
Votum Daniel Sommer
Wenn Sie gefragt würden, was letztes Jahr Ihr wichtigstes Erlebnis war – was wäre Ihre Antwort? Meine ist klar: Die Geburt meiner ersten Enkelin. Und damit meine neue Rolle als Grossvater. Inzwischen und vor allem beim heutigen Thema wird mir allerdings bewusst, dass diese Neupositionierung mit meiner Rolle als Politiker, der folgenreiche Entscheidungen fällen muss, kollidieren kann. Denn was bedeutet eine enkelfreundliche Politik konkret? Kann ich als Grossvater einer Pistenverlängerung zustimmen, wenn ich meiner Enkelin eine intakte Umwelt hinterlassen will? Ja, das kann ich. Sogar ohne mich mental verbiegen zu müssen.Denn ich möchte mit meinen Entscheidungen ja auch dafür sorgen, dass es künftigen Generationen auch wirtschaftlich so gut geht wie uns allen hier im Saal.
Auf dem Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie fand meine Beurteilung des heutigen Geschäfts in den Beratungen der KEVU statt. Friedrich Nietzsche meinte einmal: «Der Widerspruch ist das Erheben der Vernunft über die Beschränkungen des Verstandes.» Wenn wir als EVP eine Pistenverlängerung unterstützen, betrachten wir das als eine Form von politischer Vernunft und nicht als Entscheid unserer Herzen.
Mit Vernunft und rationalen Überlegungen hat auch das Thema Sicherheit zu tun. Denn ihr gebührt bei der Pistenverlängerung eine Hauptrolle. Zumal Frau und Herr Schweizer die Unsicherheit – sehr zur Freude der Versicherungsgesellschaften - so wenig lieben wie das Eintreffen der Steuerrechnung. Im Zweifelsfall wird lieber eine Police zu viel als eine zu wenig abgeschlossen. Gegen dieses Verhaltensmuster ist in der Fliegerei sicher nichts einzuwenden. Trotzdem bleibt immer ein Restrisiko. Das zeigt exemplarisch der Zwischenfall am Pistenkreuz im Jahr 2011. Dieser veranlasste den Bund bekanntlich dazu einen Bericht zur Sicherheitsüberprüfung in Auftrag zu geben. Ergebnis: Die Pistenverlängerungen werden als wichtige Massnahme zur Verbesserung von Stabilität und Sicherheit gesehen. Mit dieser Erwähnung möchte ich keine Ängste schüren. Diesen billigen Trick überlasse ich lieber anderen.
Der heutige Flughafenbetrieb ist sicher. Eine Pistenverlängerung vermindert einfach das minimale Restrisiko. Mehr ins Gewicht fällt wohl die höhere Stabilität des Betriebes tagsüber. Und die wiederum verbessert die Pünktlichkeit, was den Verspätungsabbau und damit die Lärmbelastung nach 23 Uhr reduziert. «Wer’s glaubt!» wird bereits von vielen gerufen.
Ganz abwegig ist dieser Zwischenruf nicht, kann uns der Flughafen doch keine verbindliche Garantie geben. Aber er verspricht, alles zu unternehmen, damit dieser positive Effekt erreicht wird. Einfach gegen höhere Mächte und die Wettergötter ist auch der Flughafen wehrlos. Für mich ist es ein Zeichen von Ehrlichkeit, nichts zu versprechen, was man nicht zu 100 Prozent steuern kann.
Allerdings hätte er es in der Hand die Lärmgebühren für verspätete Abflüge an die Fluggesellschaften zu erhöhen. Das birgt zwar aus unternehmerischer Sicht ein gewisses Risiko, weil möglicherweise Airlines abspringen. Der Gegenwert dazu wäre aber ein weitere Druckerhöhung auf die Fluggesellschaften, nicht den hintersten und letzten Passagier eines Zubringerfluges abzuwarten. Und es wäre eine Investition in das Vertrauen der Bevölkerung rund um den Flughafen, dass dieser ihre Belastungen durch den Nachtlärm ernst nimmt.
Wer gerne Fakten aus glaubwürdigen Quellen hat, kann sich auch einen Bericht der Empa zu Gemüte führen. Ein Bericht, der zum Schluss kommt, dass aufgrund der überproportionalen Entlastung von dicht besiedelten Gebieten nachts der ZFI im Kanton Zürich insgesamt leicht tiefer ausfällt.
Angst ist bekanntermassen ein schlechter Ratgeber. Trotzdem ist das Schüren von Angst bei vielen Flughafengegnern sehr beliebt, wenn es um das Verhindern einer Pistenverlängerung geht. Aber von Kapazitätsausbau zu sprechen ist einfach nicht fair. Und sachgerecht ebenfalls nicht. Denn die Gesamtzahl der Flugbewegungen ist durch das Flughafengesetz auf 320'000 Flugbewegungen pro Jahr begrenzt. Eine Zahl, die heute nicht ausgeschöpft wird.
Und mit der Zustimmung zum Plangenehmigungsgesuch betreffend Pistenverlängerungen wird kein einziger zusätzlicher Flug in das Gesetz aufgenommen. Festhalten kann man aber schon, dass mit mehr Stabilität in der Flugbetriebsabwicklung wieder vermehrt so geflogen werden kann, wie dies in einem politischen Kompromiss 2003 beschlossen wurde – morgens mit Südanflügen, abends mit Ostanflügen. Letztere sind heute wegen der zu kurzen Piste je nach Wetterlage nicht immer wie vorgesehen möglich. Trotzdem wird der Osten keine Flugbewegungen über jener Anzahl erhalten, auf die man sich seinerzeit geeinigt hatte. Das Ostkonzept ist im Übrigen im Betriebsreglement transparent festgehalten.
Dass die Frage des Klimaschutzes mit dem Fliegen untrennbar verbunden ist, kann niemand wegdiskutieren. Trotzdem ist es auch hier ein Gebot der Fairness, die Bemühungen des Flughafens betreffend Klimaschutzmassnahmen anzuerkennen. Denn unabhängig davon, ob dereinst die Pistenverlängerungen realisiert werden, hat sich der Flughafen bereits heute ehrgeizige Ziele gesetzt.
Nämlich bis ins Jahr 2040 seine Treibhausgas-Emissionen auf netto null zu reduzieren. Das betrifft in erster Linie den Betrieb des Flughafens und nicht den Flugbetrieb. Die Einflussnahme auf letztgenannter Ebene ist ungleich schwieriger und muss zudem global koordiniert werden. Das hindert den Flughafen trotzdem nicht daran, sich das anspruchsvolle Ziel zu setzen, dass der Flugbetrieb bis spätestens 2050 CO2-neutral ist.
Diese Klimaziele entsprechen im Übrigen vollständig jenen, die sich der Kanton Zürich selber gesetzt und der Regierungsrat in seiner langfristigen Klimastrategie festgelegt hat.
Ob ich dereinst mit meiner Enkelin auf der Zuschauerterrasse eines emissionsfreien Flughafens den beinahe lautlosen und klimaschonend fliegenden Luftgefährten zuwinken kann, wäre zwar mein Wunsch, ist aber schwer vorauszusagen. Klar ist mir jedoch heute, dass unsere Entscheidungen einen umweltschonenden, sicheren und wirtschaftlichen Betrieb des Flughafens ermöglichen müssen. Zu einer nachhaltigen Politik gehört nebst der Berücksichtigung des Sozialen und der Ökologie nun mal auch das ökonomische Element.
Es gibt kein widerspruchsfreies Leben. Aber um nicht immer das Kind mit dem Bad ausschütten zu müssen, gibt es Entscheidungen der Vernunft.
Noch ein Wort zum Vertrauen. Der Flughafen hat in der Vergangenheit einiges getan um das Vertrauen in seine Führung zu beschädigen. Leider wird dieses Misstrauen über Jahre wie ein Verlustvortrag auf neue, den Flughafen betreffende Geschäfte, fortgeschrieben. Die EVP erwartet, dass die Flughafenverantwortlichen alles dafür tun, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Der Verzicht von Spenden an Parteien wäre ein solcher Schritt.
Mit diesem ganzheitlichen Blick wird die EVP-Fraktion die sachfremden Minderheitsanträge ablehnen und dem Plangenehmigungsgesuch für die Pistenverlängerungen grossmehrheitlich zustimmen.
• folgt noch
Für Auskünfte
Hanspeter Hugentobler, EVP-Kantonsrat, Pfäffikon, 044 951 17 91, E-Mail schreiben
Mark Wisskirchen, EVP-Geschäftsführer, Kloten, 044 271 43 02, E-Mail schreiben