2022 448 Pilotprojekt für schwimmendes Solarkraftwerk auf dem Zürichsee

von Dominik Schmid

Waldgesetz, S-Bahn, Linth- beziehungsweise Escherkanal… Was als bekämpfte Ideen begannen, hat sich im Nachhinein fast immer als Gewinn für die Bevölkerung erwiesen. Daran sollte auch die Gegnerschaft des Projekts «schwimmendes Solarkraftwerk auf dem Zürichsee» denken. Haare in der Suppe oder in diesem Falle im Zürisee zu suchen, mag eine lustige Freizeitbeschäftigung sein, Pionieren jedoch ist diese Tätigkeit fremd. Vergangenheitsliebhaber stürzen sich lieber auf Eingriffe in Landschaftsbilder, Ertragsrechnungen und altbekannte Floskeln. Auch Alt-Nationalrat Peter Bodenmann meinte in einer Kolumne, Zürichseestrom sei energetisch ein weiteres Projekt der Nebelbank-Indianer. Wie viele andere vergisst auch er dabei, dass Kleinvieh ebenfalls Mist macht. In Zahlen ausgedrückt: Bis zu 150’000 Haushalte könnten wir selbst bei zwischendurch nebeltrüben und grausigen Wetterverhältnissen mit Strom versorgen, wenn nur 3% des Zürichsees mit einer schwimmenden Solaranlage belegt wären. Und die Organisation ‘Energie Zukunft Schweiz’ hat berechnet, dass schwimmende Solarkraft-Anlagen auf 5% der Schweizer Seen rund 15 Terawattstunden Strom produzieren würden. Das entspricht einem Viertel des gesamten Schweizer Stromverbrauchs in einem Jahr oder drei Viertel der Energieproduktion der Schweizer Atomkraftwerke. Eigentlich hat der Kanton Zürich genügend Dachflächen, die sich für den Ausbau von Photovoltaikanlagen eignen. Doch Kleinteiligkeit und die Einsprachefreudigkeit von Ewiggestrigen steht einem schnellen Tempo im Weg. Schnell realisierbar wäre hingegen die Gewinnung von Solarstrom aus temporären, schwimmenden Gross-Solarkraftwerken auf Schweizer Seen. Und sollte der Solarausbau auf Gebäuden einst an Fahrt gewinnen, könnten die schwimmenden Energielieferanten einfach und rasch wieder zurückgebaut werden.  Ohne bleibende Spuren in der Landschaft zu hinterlassen. À propos unerwünschte Spuren: Selbstverständlich sind ökologische Auswirkungen noch eingehender zu untersuchen. Allerdings zeigen erste Forschungsergebnisse, dass die Wasserqualität von Seen nicht unter den schwimmenden Solaranlagen leidet. Für Fische und Vögel gäbe es neue Rückzugsgebiete. Und der kühlende Effekt der Verschattung würde das See-Ökosystem sogar positiv beeinflussen. Da der Eisschwimmen-Trend die Warmduscher zunehmend in die Minderheitsecke drängt, wird sich der Widerstand dieser Bevölkerungsgruppe in Grenzen halten. Und Ästheten könnte es beruhigen, dass sich Solarpanels farblich der Standortumgebung anpassen lassen. Mit diesen Bemerkungen soll keineswegs der Eindruck erweckt werden, schwimmende PV-Anlagen hätten keine Nachteile. Doch einmal mehr stehen wir vor der Frage, wie ernst wir es mit der Versorgungssicherheit, der Auslandunabhängigkeit und unserer Eigenverantwortung nehmen.

Ein rascher Zubau von schwimmenden PV-Anlagen auf Schweizer Seen wäre eine beruhigende Antwort und könnte auch auf dem Zürichsee ein Zeichen setzen.

Die EVP will mehr Eigenstromversorgung und wird diesem Postulat zustimmen.  

 

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